„Also ährlich“, meinte einst Jürgen von Manger alias Adolf Tegtmeier. „Mensch blaiben!“
Nach diesem feingeistigen Vorbild an Kunstsinnigkeit aus dem Kohlenpott nennt man das Sprechen im Dialekt des Ruhrgebiets auch „mangern“. Für die Leute vom Revier „is datt aber nich schlimm“, warb der umsichtige „Schwiegermuttermörder“ doch dereinst vollmundig für „Bottroper Bier“.
„Wo gehsse hiin?“ Diese Frage beantwortet der typische Ruhrgebietler kurz mit „Auffe Malooche!“
Sein „i“ ist spitz wie die Spitzhacke, mit der die Arbeiter einst im Schacht die Kohle gehauen haben. Heute ist die Zeche in dieser Gegend aber entweder nur ein Platz für Kunst oder etwas, das man zahlen muss.
„Datt musse wissen vonne Ruhr!“ Die Menschen sind einfach, aber nicht einfältig, auch wenn ihre Sprache manchmal so klingen mag.
Hilfsverben wie „tut“ zeugen hier nicht davon, dass ihr Benutzer keine Ahnung von Tuten und Blasen hat, sondern dass er sein Gegenüber so einschätzt. Wer nicht „aussem Pott kommen tut“, kann den feinsinnigen Ausführungen der Bochumer, Castroper oder Dortmunder eben kaum folgen.
„Ich sach Sie, datt datt kaine gute Idee iss, sich über uns in Revier lustig zu machen.“ Wenn Herbert Knebel in die Hundescheiße tritt, dann ist das beileibe kein Griff ins Klo. Weltmännisch geht er hinterher noch in einem Shop einen Kaffee mit Büchsenmilch trinken.
„Isso.“ Auf diese apodiktische Feststellung folgt die vorsichtige Frage: „Bisse sicher?“ Die prompte Antwort lautet: „Datt kannsse glauben.“
Die Leute hier sind zugewandt, aber nicht unbedingt gewandt. „Wann Du nich aufhöas zum Guaken, dann mach ich Dich inn Bett“, droht die Omma dem quengelnden Enkelkind.
Das Ruhrgebiet ist ein wahrer Hexenkessel. Das gilt nicht nur beim Fußball. Der Pott ist auch ein Schmelztiegel vieler verschiedener Völkerschaften.
Aus Polen sind viele im 19. Jahrhundert in dieses Industrierevier eingewandert, um mit Kohle Kohle zu machen. Deshalb enden die Namen hier häufig auf „ski“. Das heißt nicht, dass die Leute hier alle auf Brettern über den Schnee gleiten.
Dreckige Industrie war vorherrschend im Kohlenpott. Die Wäsche hing man lieber nicht draußen auf, denn sonst wurde sie sofort nach dem Waschen wieder grau. Das galt bis in die 60er Jahre hinein nicht nur für Gelsenkirchen.
„Wo verspottet man Diogenes, weil er zufrieden war mit einer Tonne“, sang seinerzeit Georg Kreisler boshaft. „Wo wird der Vierjahresplan erfüllt? Alle vier Jahre sehen wir die Sonne.“
Gott liebt die Gegend zwischen Oberhausen im Westen und Recklinghausen im Norden, Hamm im Osten und Hagen im Süden. Wenn Fremde dort auch manchmal das Unbehagen beschleicht über die aussterbende Region, so drängt es die Einheimischen regelmäßig zu brüderlich bengalischen Feuerwerken bei der Borussia oder auf Schalke. Das ist eine runde Sache.
Als Gott das Ruhrgebiet erschaffen hatte, hat er erst schnell noch mal eine geraucht. Dann hat er stolz seine Lieben zusammengerufen: „Essen ist fertig!“
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