Nun singen sie also alle das Hildebrandtslied vom tapferen Recken, der unerschrocken auszog, die Welt das Fürchten zu lehren. Einer der ganz Großen sei dieter Hildebrandt gewesen, bekunden sie alle uni sono. Wie aber haben die selben Leute gezetert, als er sie vor Jahresfrist noch seinem subtilen Spott aussetzte!
Wütend war er und scharfzüngig. Böse war er und tiefsinnig. Großartig war er unbestritten, doch lange nicht immer artig.
In der Nacht zum Mittwoch (20. November) ist Dieter Hildebrandt seiner Krebserkrankung erlegen. Nun kann er sich nicht mehr wehren; und alle hauen drauf mit Speichelleckerei und Lobeshymnen. Wahrscheinlich schwebt er entgeistert vergeistigt über dem Ganzen und lacht in sich rein, wer ihn da alles preist.
Eine Szene kommt mir ins Gedächtnis. Es muss wohl in seiner Sendung „Notizen aus der Provinz“ gewesen sein, wo er ein Gerichtsurteil zitierte. Die Vergasung geistig behinderter Menschen in Postbussen sei nicht heimtückisch und grausam gewesen, weil die Getöteten ja nur höchstens drei Minuten im Todeskrampf um ihr Leben rangen, bevor sie es verloren.
Nach der Bekanntgabe dieses Urteils, das die Mörder entlastete, blieb Hildebrandt still vor der Kamera sitzen. Eine Minute lang schwieg er. Dann sagte er nur: „So lange kann eine Minute sein!“
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