Die SPD ist in die Falle gegangen. Sie hat sich auf die rechte Seite gedreht und will weiter mit CDU und CSU kuscheln.
Sie wolle verhandeln, „bis es quietscht“, versprach Andrea Nahles beim Sonderparteitag der SPD in Bonn ihren Genossinnen und Genossen. Kaum hatten sie für Koalitionsverhandlungen gestimmt, warnte Nahles sogleich vor „zu hohen Erwartungen“.
Das „herzhafte Jein“ der SPD beschrieb vor 90 Jahren schon Kurt Tucholsky. Das einzige, was diese Partei auch in höherem Alter immer noch perfekt beherrscht, ist der Spagat.
Doch auch bei vollmundigen Ankündigungen sind die Sozis ganz groß. Wenn es dann hinterher ans Einlösen geht, sind sie nicht etwa kleinlaut, sondern ganz einfach stumm. Schließlich halten gut erzogene Menschen erwachsener Generationen Stille ja für ein Zeichen demütiger Bescheidenheit.
Dass die SPD alt aussieht, bezweifeln höchstens eingefleischte Anhänger dieser altehrwürdigen Partei; und in Zeichen zunehmender Sympathie für vegetarische und wegane Lebensführung nehmen die immer mehr ab. Genosse zu sein, kann man heutzutage kaum mehr genießen.
All das hat sich die SPD aber selbst eingebrockt: Nach der Bundestagswahl verkündete Martin Schulz sofort, die SPD werde sich in der Opposition erneuern. „Mit großem O“, schrieb Tucholsky diesen Schritt seinerzeit schon treffend. „Aber die Revolutionsjäckchen werden ihr zu klein geworden sein“, spottete er dann weiter.
So ist die SPD dann in die selbst aufgestellte Falle gegangen nach ihrer altbekannten Devise „Links blinken und dann rechts abbiegen“. Angesichts des „JamaikaAus“ durch das trotzige Kindergekreisch des FDP-Möchtegern-Parteiführers Christian Lindner blieb ihr am Ende kaum eine andere Wahl, als die Oppositionsrhetorik unmittelbar nach der Wahl noch einmal in Frage zu stellen.
Dann ließ sie sich auf die unheilige Formel „Dreimal 13“ ein, wonach CDU, CSU und SPD trotz unterschiedlich starker Prozente bei der Wahl gleich viele Verhandler in die Sondierungen entsandten. Sonderlich geschickt war das nicht, was sie so auf den Weg geschickt hat.
Grandios geschickt verhandelt haben die Genossen dann auch nicht. Vor allem die CSU plärrte wie der „Münchener im Himmel“ von Ludwig Thoma, bis sich die SPD auf ihre unsägliche „Obergrenze“ einließ. „Halleluja, halleluja, Luja, sog i!“
Beim Parteitag blieb der Basis dann kaum etwas Anderes übrig, als ihrer Führung zum – als Gabentisch verheißenen – Verhandlungstich hinterherzudackeln, wollte sie nicht zur Abschussbasis für ihren zuvor so hoch in den Himmel gehobenen Hundert-Prozent-Martin werden. Beim Koalitionsvertrag wird es wohl ähnlich weitergehen, wenngleich diese Abstimmung dann per Briefwahl im stillen Kämmerlein erfolgt. Wer weiß, ob Nahles das Ergebnis der Urabstimmung meinte, als sie davon sprach, zu verhandeln, „bis es quietscht“?
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